Sonntag 21. September 2025

Christen im Heiligen Land: Eine Minderheit im Spannungsfeld

„Wir stehen auf keiner Seite, wir sind pro Mensch" – Nikodemus Schnabel, Abt der auf dem Berg Zion in Jerusalem gelegenen Dormitio-Abtei, berichtet am 19. Mai 2025 in Linz auf Einladung von PRO ORIENTE Linz über das Leben als Minderheit in Israel.

Christen sind im Heiligen Land eine besonders kleine Minderheit. Sie machen aktuell rund zwei Prozent der Bevölkerung aus und wohnen sowohl im jüdischen als auch in den palästinensischen Teilen des Landes. Allein im Gaza-Streifen sollen es 600 Menschen christlichen Glaubens sein. Und ihre Zukunft ist angesichts des Gaza-Krieges als Folge des Überfalls der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ungewiss, ihre Lage ist prekär.

 

 

Christliche Opfer auf beiden Seiten

 

„Wir haben nicht das Privileg, uns auf die eine oder andere Seite zu stellen", betonte Abt Nikodemus Schnabel im Vorfeld eines Vortrages an der Katholischen Privat-Universität Linz bei einer Pressekonferenz im OÖ. Presseclub in Linz, „wir sind pro Mensch". Denn christliche Opfer gebe es auf beiden Seiten: „Beim Hamas-Angriff wurden auch Christen getötete bzw. entführt und im Gaza-Streifen zählt man mittlerweile 36 bestätigte Todesopfer – 17 davon, als eine Bombe der Israelis in der Mauer einer Pfarrei einschlug." Die Opfer waren vor allem Frauen und Kinder.

 

Der Krieg und somit das Ausbleiben von Pilgern und Touristen bereite auch große finanzielle Sorgen. Vor allem den in Bethlehem lebenden Christ:innen. Sie stünden vielfach am Ende ihrer Existenz – seien sie doch zu einem Großteil in Berufen tätig, die von den Besuchern leben. Dazu kämen die Anfeindungen einer kleinen Gruppe ultraortodoxer Juden, die Christen nicht in ihrem Land haben wollen. Das alles zeige, wie herausfordernd es sei, Christ im Heiligen Land zu sein.

 

Nikodemus Schnabel, Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem

Abt Nikodemus Schnabel bei der Pressekonferenz in Linz. © Diözese Linz / Johannes Kienberger

 

 

Enttabuisierung von Gewalt

 

Den Gaza-Krieg betreffend ortet Abt Nikodemus mittlerweile eine „unvorstellbare Enttabuisierung von Gewalt". Der Gegner werde dehumanisiert und dämonisiert. Der andere sei kein Mensch mehr, sondern ein „Tier in Menschengestalt", eine „Ratte", ein „Hund" oder ein „Monster".

 

Der Abt rief zur Solidarität der Mitchristen auf und bedankte sich für den stärkenden Besuch von Bischof Manfred Scheuer im heurigen Jahr. Er sei einer der wenigen Besucher seit Kriegsbeginn gewesen. Der Abt forderte die Achtung der „Heiligkeit des Lebens" und die Rückkehr an den Verhandlungstisch: Jetzt sei die Zeit für Diplomatie.

 

 

„Wollen Hoffnungsinseln sein"

 

Das Bekenntnis zur Heiligkeit eines jeden menschlichen Lebens sei der Leitstern, dem die benediktinische Mönchsgemeinschaft der Dormitio-Abtei folge. „Wir wollen mit unseren beiden Klöstern Hoffnungsinseln sein, ein ,Safe Space' im gegenwärtigen Ozean von Leid", betonte Abt Nikodemus.  Christ:innen finden vor Ort nicht nur Seelsorge, sondern auch Zerstreuung in der so herausfordernden Zeit, etwa in Form von Konzerten, Ausstellungen oder Theateraufführungen. Trotz der katastrophalen finanziellen Situation musste bislang keiner der 24 Angestellten entlassen werden. „Wir greifen dafür auf unsere Altersvorsorge zurück, sind aber auch auf großherzige Spenden angewiesen", sagt der Abt.

 

Trost in dieser schwierigen Zeit gebe ihm die Tatsache, „dass es viele wunderbare Menschen gibt, die an den Frieden glauben".

 

 

V. l.: Florian Wegscheider (Sekretär der Stiftung PRO ORIENTE Linz), Abt Nikodemus Schnabel und PRO-ORIENTE-Linz-Vorsitzender LH a. D. Josef Pühringer.

 

Pühringer: „Bedrohte Christen: Das darf uns nicht egal sein!"

 

PRO ORIENTE Sektion Linz hat Abt Nikodemus Schnabel als Konsultor der Stiftung zu einem Vortrag an der KU Linz unter dem Titel „Leben im Brennpunkt Jerusalem. Krieg –Freindschaften – Dialog – Friedensinitiativen" am 19. Mai 2025 eingeladen. Es sei die wichtigste Aufgabe von PRO ORIENTE, sich um Christen als Minderheiten zu kümmern, sagt Josef Pühringer, Vorsitzender der Sektion Linz und LH a. D. „Christen sind heutzutage nicht nur im Heiligen Land ernsthaft bedroht und das darf uns nicht egal sein", betont er und bekannte sich zu Solidarität: Es sei „unsere Aufgabe", wachzurütteln, sichtbar zu machen und das Bewusstsein zu bilden.  

 

PRO ORIENTE verstehe sich seit jeher als Friedensinitiative - ökumenisch, verbindend und unterstützend, betonte Pühringer, der sich besonders freute, mit Abt Nikodemus Schnabel einen Vortragenden zu begrüßen, „der mitten im Spannungsfeld zwischen Hoffnung und Hass, zwischen Glauben und Gewalt lebt und wirkt."

 

 

Zur Person Nikodemus Schnabl 

 

Nikodemus Schnabel ist Abt der benediktinischen Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg am Rande Jerusalems, zwischen Alt- und Neustadt, zwischen West- und Ost-Jerusalem, zwischen dem arabisch- und dem hebräischsprachigen Teil der Stadt und des Priorats Tabgha am See Gennesaret. Der 46-Jährige ist Auslandsseelsorger für die deutschsprachigen Katholik:innen in Israel und Palästina, Direktor des Jerusalemer Instituts der Görres-Gesellschaft, Hauptverantwortlicher für das Theologische Studienjahr Jerusalem und
Konsultor der Stiftung PRO ORIENTE. Zudem ist er ehemaliger Patriarchalvikar für die Migranten und Asylsuchenden des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem und war von 
2018 bis 2019 Berater im Referat „Religion und Außenpolitik“ des Auswärtigen Amtes in Berlin.

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