Sonntag 21. September 2025

„Ich werde meine Weisung in ihr Herz schreiben!“

zum 5. Sonntag der Fastenzeit (21. März 2021) | Lesejahr B

 

Autorin: Mag.a Franziska Mair, Pastoralassistentin der Caritas in OÖ.

Ein herausforderndes Jahr liegt hinter uns. Vor einem Jahr waren wir mitten im ersten Lockdown. Wir wussten noch nicht, was auf uns zukommt. Erschrocken und bestürzt sahen wir die Bilder aus Norditalien. Inzwischen wissen wir mehr über das Virus. Wir haben mehrere Lockdowns durchgemacht. Im Januar haben die Impfungen gestartet. Das Licht am Ende des Tunnels ist erkennbar.


Aber wie geht es weiter?
Ähnliches fragten sich die Menschen in der Zeit als der Prophet Jeremia gelebt und gewirkt hat. Es war eine sehr bewegte Zeit. Die Bevölkerung des Nordreiches Israel war in die assyrische Gefangenschaft geführt worden; fremde Bevölkerungselemente, die im Nordreich angesiedelt wurden, vermischten sich mit den israelitischen. Dies wirkte sich auch auf das religiöse Leben und die Rituale aus.


Die politischen Eliten im Südreich Juda waren überzeugt, dass ihnen so etwas nicht passieren könnte. Denn in Jerusalem stand der Tempel mit dem Allerheiligsten, wo nach der Überzeugung der Juden, JHWE wohnte. Jeremia beklagt, dass sich sein Volk auf falsche Sicherheiten stütze. König Jojakim rügt er wegen seiner unsozialen Politik. Das Volk forderte er zur Umkehr auf. Sie sollen sich Gott wieder mit ganzem Herzen zuwenden.


“So spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels: Bessert euer Verhalten und euer Tun, dann will ich bei euch wohnen hier an diesem Ort. Vertraut nicht auf die trügerischen Worte: Der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn ist dies! Denn nur, wenn ihr euer Verhalten und Tun von Grund auf bessert, wenn ihr wirklich gerecht entscheidet im Rechtsstreit, wenn ihr die Fremden, die Waisen und Witwen nicht unterdrückt, unschuldiges Blut an diesem Ort nicht vergießt und anderen Göttern nicht nachlauft zu eurem eigenen Schaden, dann will ich bei euch wohnen hier an diesem Ort, in diesem Land...” Jer 7, 3-7a
Dann wird auch das Südreich Juda von den Babyloniern bedroht und 597 v.Chr. das erste Mal erobert. Ein Teil der Oberschicht wird nach Babylonien deportiert. Die Babylonier setzen Zidkija als König ein. Obwohl Jeremia König Zidkija warnt, wendet dieser sich gegen die Babylonier. Es kommt zur zweiten Eroberung und in Folge zur Zerstörung Jerusalems, auch der Tempel wird zerstört! Der Rest der Oberschicht wird deportiert. Ein verwüstetes Land bleibt zurück.


Die Überlebenden fragen sich: Wie soll es weitergehen?
Hat sich Gott ganz von uns abgewendet?
Aus dieser Zeit stammen die Worte der heutigen Lesung.
Mit der Zusage eines neuen Bundes will Jeremia den Überlebenden Mut machen.


Anders als am Sinai wird der Bund im Herzen der Menschen geschlossen: „Ich habe meine Weisung in ihre Mitte gegeben und werde sie auf ihr Herz schreiben. Ich werde ihnen Gott sein und sie werden mir Volk sein.”
Gott begegnen wir in unserem Herzen. Es braucht das Innehalten, in sich hineinspüren, dann wird die tiefe Verbindung zu Gott spürbar und lebendig.
Aus ihr haben Menschen über Jahrtausende Kraft geschöpft. Krisen wurden gemeinsam bewältigt. Ein solidarisches Miteinander ermöglicht einen neuen Weg.


Auch wir blicken auf ein herausforderndes Jahr der Dauerkrise zurück. Viele mussten sich von geliebten Menschen verabschieden. Sie sind noch erfüllt von Trauer. Andere haben ihre Arbeit, ihre Existenzgrundlage verloren. Sie wissen noch nicht, wie es weiter geht. Besonders jene, die vor der Krise schon in prekären Arbeitsverhältnissen waren, arbeitslos oder krank waren, schauen mit Bangen in die Zukunft.


Welche Kraft können wir im Jahr 2021 aus dieser Verheißung Gottes an das Volk Israel schöpfen?
Was will Gott heute in unsere Herzen schreiben?
Braucht es nicht auch bei uns ein Umdenken?
Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen wurde die Pandemie durch unseren ausbeuterischen Umgang mit der Natur ausgelöst. Die Zerstörung des Lebensraumes vieler Tiere und Pflanzen führte zum Überspringen von Viren, die Menschen früher nicht befallen haben.
Es braucht also einen neuen achtsamen Umgang mit der Schöpfung.
Weniger ist mehr!


Wir tragen Verantwortung für die nachfolgenden Generationen. Sie sollen auch noch gute Lebensbedingungen vorfinden, die Schönheit der Schöpfung genießen und in einer gesunden und sauberen Umgebung aufwachsen können.
Klimaschutz-Engagierte sprechen davon, dass jetzt die Chance wäre, unser ganzes Wirtschaftssystem auf Nachhaltigkeit bzw. Kreislaufwirtschaft umzustellen.


Kann man aus der Krise eine Chance machen?
Viele haben die Zeit des Lockdowns genützt, um einander Zeit zu schenken, um ausgedehnte Spaziergänge zu machen und die vielen kleinen Wunder am Wegrand zu entdecken.


Menschen, die staunen lernen, sich an der Schönheit der Natur erfreuen, empfinden auch Mitgefühl für bedrängte, leidende Wesen.
Wer sich von der Schönheit der Schöpfung berühren lässt, entwickelt leichter Empathie und Mitgefühl für seine Mitmenschen und Mitlebewesen. Wir brauchen also Menschen, die in Resonanz gehen können mit anderen, mit der Natur und mit sich selber. Menschen, die nicht von Machtgier und Habgier beherrscht werden.


Aus dieser Krise kommen wir nur, wenn wir alle in den Blick nehmen. Die ganze Welt ist vom Virus betroffen.
Schließen möchte ich mit einem Zitat des amerikanischen Philosophen und Kapitalismuskritikers Henry David Thoreau:
„Was vor uns liegt und was hinter uns liegt,
ist nichts im Vergleich zu dem, was in uns liegt.
Wenn wir das, was in uns liegt,
nach außen in die Welt tragen, geschehen Wunder.“


Wenn sich Gott in unsere Herzen eingeschrieben hat, schenkt er uns auch die Kraft, gemeinsam diese Krise zu bewältigen, empathisch, achtsam und solidarisch mit allen Menschen und mit der Schöpfung.

 

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